gegen 1h mittags kommen wir mit der blue star ferries in mykonos an, wo uns bereits ein taxi erwartet, das uns zu dimitris haus bringen soll.
dimitris' haus liegt versteckt inmitten der hügel von mykonos, umgeben von einem wein-, oliven- und obstgarten. direkt neben dem haus steht eine kleine kapelle, wie man sie überall auf den kykladen verstreut inmitten von feldern, auf anhöhen oder neben gehöften findet. das haus hat eine große überdachte terrasse, in deren hinterem teil sich ein ofen zum brotbacken und eine offene feuerstelle zum grillen befindet. das haus ist in der art der alten bauernhäuser angelegt. die überdachte terrasse mit den zwei kochstellen, den nischen, sitzbänken und tischen diente unter anderem in früheren zeiten zum schlachten, ausnehmen und verarbeiten der schweine.
dimitris hat ein buch mit dem titel „tastes of sacrifice“ geschrieben, in dem er die alte tradition des schweinefestes beschreibt.
zu beginn der kalten jahreszeit, im november oder dezember, wenn die schweine fett und das futter knapp wurde, gingen die schweinemetzger von haus zu haus und schlachteten mit tradierter kunstfertigkeit in einer art opferritual die tiere. die familie, die nachbarn und freunde trafen sich, um gemeinsam die schweine zu zerlegen und aufzuarbeiten. es war das fleisch für den winter, das in salz, in beize, in fett und in würsten konserviert wurde. so entstanden louza, ein kräuter gebeizter, magerer speck, sisera, glina (schweinefett) und hali, ein stück phantastisch gewürzter wurst. den ganzen tag wurde gearbeitet und auf eine ganz selbstverständliche art ging diese arbeit über zu einem fest für alle sinne. essen wurde aufgetragen, wein gab es in fülle, musik begann zu spielen und so setzte sich das opfer des tages in einem vergnügten taumel der nacht fort. der kosmische tanz von leben und tod wurde hier im rhythmus der jahreszeiten gefeiert.
als wir zu dimitris haus kommen, ist er an drei riesigen töpfen beschäftigt, in denen bereits seit dem morgen verschiedene fisch- und gemüsefonds brodeln. in einer großen schüssel liegen herrlich schillernde, frisch gefangene fische, ein gewöhnlicher plastikkübel ist angefüllt mit kleinen fischen und allerlei meeresfrüchten, in einem wasserbecken schwimmt frisch geputztes und geschältes gemüse. dimitris mutter frittiert in heißem öl stockfisch, vicky bereitet salate zu, yiannis schenkt wein aus. jeder arbeitet auf spielerische weise am prozess des festes mit. von allen werden wir herzlich empfangen. laufend treffen neue gäste ein und immer wieder werden kleine gerichte aufgetragen, wein nachgeschenkt und dimitri komponiert wie auf einer großen orgel seine vielfältige kakavia, die griechische fischsuppe, die natürlich wie so viele andere fischsuppen nach eigenem rezept gekocht wird. er hat vor, die suppe in drei verschiedenen farben zu kochen, wozu er pürierte karotten, paprika für rot, pürierten sellerie und petersilie für grün und ohne farbzusätze für weiß verwendet. viel später, als alle schon von den drei kakaviavarianten reichlich genossen haben, kocht dimitri noch eine mit sepiatinte schwarz gefärbte suppe und noch später – nach vielen und reichlichen gängen – serviert er aus den ürbiggebliebenen resten ein potpourie aller vier varianten.
die musik trägt natürlich ganz entscheidend zur stimmung dieses festes bei. am frühen nachmittag spielt ab und zu ein mann die bozouki. gegen abend sind es zwei, dann kommt ein gitarrist und ein hackbrettspieler hinzu. manchmal singt nur einer, manchmal fast die ganze gesellschaft. die kinder nehmen sich tamburine und versuchen zaghaft den rhythmus der musik zu finden.
das besondere an diesem fest ist sein rhythmus und seine dynamik. der ganze tag und die halbe nacht sind ein stetes dahingleiten, ein ineinanderfließen von zubereitung, essen, sprechen, trinken, musizieren, tanzen. es gibt kein hektisches hinarbeiten auf einen bestimmten punkt, an dem das fest beginnen sollte, an dem alles vorbereitet wäre, an dem das eine abgeschlossen und das andere anfangen sollte. alles ist von anfang bis zum ende da. zwar in wechselnden konstellationen, unterschiedlichen schwerpunkten, verschiedenen intensitäten, aber nie gibt es eine von den übrigen tätigkeiten isolierte handlung. nur kochen, nur essen, nur musizieren.
manche werden diese vermischung als nachteilig empfinden. für mich ist es die gelungenste form einer unprätentiösen festlichkeit, bei der der puls des lebens zur freude der gäste wird.
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