:: philosophisches reisebüro :: die jahressuppe ::
   
 
english  deutsch 
 
 

heute hätte die suppe nach bonn ins kunstcafe kommen sollen. doch leider wird der termin kurzfristig abgesagt. ich brauche allerdings keinen moment über einen ersatz nachzudenken. carola vom cafetin erklärt sich sofort bereit, als suppenköchin einzuspringen. so verbringt die suppe einen weiteren sonnigen tag am schotterstrand der stahlbrückenbucht.
da ich die suppe nun in besten händen weiß, mache ich auf empfehlung stephanies einen ausflug zur museumsinsel hombroich, etwa 10 kilometer außerhalb von düsseldorf.
als ich gegen 18h zum schotterstrand zurückkehre, um die suppe abzuholen, glaube ich nicht mehr an zufälle. wäre der suppentermin in bonn nicht geplatzt, hätte ich die museumsinsel hombroich versäumt, und mich dabei um eines der bemerkenswertesten museumserlebnisse gebracht, die mir je untergekommen sind.

man betritt das parkgelände über eine steile stiege und befindet sich unmittelbar in einem garten, der zunächst wie eine unübersehbare wildnis aus heideland, aulandschaft, grünem dickicht und stillen weihern wirkt. von anfang an bin ich gefesselt von dieser fülle an einzigartigen blickwinkeln. wohin ich auch schaue, überall trifft mein blick auf einen ausschnitt einer grandiosen komposition, die – zwar hochartifiziell – dennoch nie zu erkennen gibt, dass sie gemacht, sondern vielmehr natürlich geworden zu sein scheint.
ich schlendere auf schmalen kieswegen, vorbei an blütenstaub bedeckten wassern, hindurch durch tunnelartiges laub und gehölz und dann taucht völlig unerwartet ein riesiger backsteinkubus auf. eine hohe, schlanke tür steht offen und aus dem inneren des kubus dringt gleißend, weißes licht heraus ins matte dämmerlicht unter dem grünen blätterdach. dieser kontrast zwischen dem weißen inneren und dem dunklen, rauhen außen des pavillons fügt auf geradezu geniale weise den künstlichen, vergeistigten innenraum mit dem natürlichen, organischen außenraum zusammen. der gegensatz zwischen natur- und kunstgegenstand scheint hier aufgehoben zu sein und zwar nicht so, dass er die beide verschwinden läßt, sondern im gegenteil, dass er das künstliche und das natürliche als gegenseitig bedingt und erst dadurch als jeweils eigenes erkennbar macht. elf solcher, von der kubischen grundform dominierter pavillons, die der bildhauer erwin heerich entworfen hat, sind über das gesamte areal verteilt und beherbergen in ihrem inneren eine der bemerkenswertesten, privaten kunstsammlungen, die ich bislang gesehen habe.
und noch ein nicht unwesentliches detail: auf dem gesamten gelände und in den pavillions gibt es weder irgendeine beschriftung, noch einen hinweis oder sonst eine vorausgreifende, erklärende, oder didaktische krücke. es gibt keine wärter, keine aufpasser, keine absperrungen und keine namen. kein einziges werk ist mit irgendeinem hinweis versehen, sei es name, titel, herkunft, entstehungsjahr, maß oder material. und dabei finden sich werke von rembrandt, brancusi, klimt und giacometti in der sammlung. nur die werke selbst und der sie umgebende raum, sprechen für sich. ein ausstellungskonzept, das diametral dem sicherheits- und gewinnoptimierten mainstreammuseum gegenüber steht.
arbeiten von schwitters, arp und picabia stehen in kontrast zu steinskulpturen der khmer oder der glaskunst aus dem china des 18. jahrhunderts. jedes exponat ist sorgfältig und mit großem bedacht auf optimale präsenz in den white cubes ausgestellt. und immer wieder begegnet man dem faszinierenden innen/außen spiel. die grenzen verschwimmen. wo ist innen und wo außen? ich gehe in den weißen kubus hinaus und in das blätterdickicht hinein. ich trete in den bildraum hinaus und komme in den realraum herein. ich gehe in mich hinaus und und aus mir hinein. diese park- und museumslandschaft ist eine monumentale variation zum thema innen- und außenraum. sie verwirrt und klärt und als bestes von allem, sie weckt staunen.

und so verlasse ich an diesem späten nachmittag angefüllt mit einer ordentlichen portion an staunen und erstaunlichem diesen park, hole die suppe bei carola im cafetin ab und setze mich an die rheinuferpromenade, von wo aus man täglich, fußfrei und umsonst sich der schönheit eines sonnenuntergangs hingeben kann.

cuisinier: cafetin
recette: Spinatsuppe mit Brunnenkresse
galerie: zu gast im gastlichen cafetin
koordinaten: 51.216330, 6.814095

retour

écrivez une reponse

name/pseudonym:  (erlaubte zeichen: a-z 0-9)
email:  (wird nicht veröffentlicht)
retenir les données:
text: