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by miriel |
27.09.2008 23:18
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rezept:
out of the haybox: lablabi (tunisian chickpea soup)
galerie: die Suppe in der Kochkiste ort: 48.206708, 16.331044
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Bild:de.wikipedia.org/wiki/Kochkiste
Aus "Die neuzeitliche Küche" von Küchenmeister Rudolf Zäch u.a., 1931
"Bei den Damen meiner Kundschaft mußte ich bei Erwähnung der Kochkiste stets ein zweifelndes Lächeln in Kauf nehmen, wenn ich nicht gerade auf offenen Widerstand stieß. Dünkt es dem Laien doch geradezu an Zauberei zu grenzen, wenn man Speisen ohne Feuer - nur mit geringer Vorkochzeit in Heu fertigkochen soll. Und doch ist die Kochkiste nichts Neues, im Gegenteil, sie hat bereits ihre Geschichte. Im hohen Norden, in Schweden und Norwegen, kennt man sie schon seit den ältesten Zeiten. Sie wird daher auch oft schwedische Heukiste genannt. Im Jahre 1867 zeigte sie einem erstaunten Publikum unter dem Namen "La cuisine automatique norvegienne" ihre Künste auf der Pariser Weltausstellung. Trotz des Aufsehens, das sie damals erregte, geriet sie schnell wieder in Vergessenheit. In der Schweiz, wo die Kochkiste auch heute noch, namentlich unter alleinstehenden Studentinnen, beliebt ist, sollte sie im Jahre 1893 als Selbstkocher ihre Auferstehung erleben. Die Töpfe ruhten, soviel mir erinnerlich, in Papiermachezylindern. Der allzu hohe Preis verhinderte jedoch ihre Einführung. Heute aber wird in Wort und Schrift von Fabrikanten, Frauen und Wohlfahrtsvereinen Propaganda für sie gemacht, so daß sie bereits in alle Schichten der Bevölkerung gedrungen ist. Bei Jagden wird sie mitgeführt und gestattet dem Koche nahezu mühelos den Jagdgästen nach den Anstrengungen des vollbrachten Weidwerks den wohlverdienten warmen Imbiß vorzusetzen. Aber auch in die Familien des einfachen Arbeiters, wo oft leider Mann und Frau gezwungen sind, dem Erwerb obzuliegen, wird sie Frieden und Segen bringen. Nicht zu unterschätzen ist der Vorteil, den sie der geplagten Hausfrau an den Wäsche- und Reinemachtagen gewährt, wenn sie dem an diesen Tagen gerne kritischen Familienoberhaupt zur gewohnten Essenszeit ein warmes, weich und schmackhaft zubereitetes Mittagsmahl vorsetzen kann. Und dieses alles ohne Beaufsichtigung und Feuerungsverbrauch, ohne Feuersgefahr, auch ohne ein Überlaufen und Anbrennen befürchten zu müssen. Aber zum richtigen Gelingen gehören neben der äußersten Reinlichkeit auch Pünktlichkeit und etwas Intelligenz, genügendes Vorkochen, gutes Zudecken, richtige Packung des Füllmaterials und gutes Verschließen der Kochkiste. Sind alle diese Bedingungen erfüllt, so ist ein Mißlingen ausgeschlossen. Aber nur zu oft wird das eine oder andere unterlassen, und der Zorn der Hausfrau ergießt sich über "die neumodische Kochkiste".
Welche physikalischen Grundsätze liegen der Wirkung der Kochkiste zugrunde?
Ein Vergleich möge die Sache leichter verständlich machen. Im heißesten Sommer bleibt im Eiskeller das Eis erhalten. Die Stoffe, welche als schlechte Wärmeleiter dienen, wie Holz, Stroh, Glas usw., sorgen hierfür, sie halten die Wärme ab, oder noch besser, sie lassen sie nicht durch sich hindurch zum Eise gelangen. Dann halten sie aber auch die Kälte zusammen, so daß sich die Kältegrade steigern und nicht selten das im Kasten befindliche Eis zu einem Klumpen zusammenfriert. Dasselbe Naturgesetz waltet auch bei der Kochkiste, nur mit dem Unterschied, daß hier statt Kälte- eben Wärmegrade erhalten, beziehnungsweise gesteigert werden. Noch ein Naturgesetz wirkt mit; Siedehitze, welche kürzere Zeit hindurch eingewirkt hat, wird durch stundenlange, länger anhaltende, niedere Temperaturen ersetzt, das heißt: ein Gericht, das, gleichbleibende Siedehitze vorausgesetzt, auf dem Herd vielleicht eine Stunde brauchen würde, braucht in der Kochkiste bei der durch die Isolierung nur langsam entweichenden Wärme etwa 2-3 Stunden zum Garwerden. Also die ganze Kocherei beruht auf Ausnützung der schlechten Wärmeleitung; der dichte Verschluß, die festgestopfte enanliegende Füllmasse bewirken dieselbe, so daß die gehörig durchhitzten Speisen bei der gebundenen Wärme weich werden, ohne ihres Nährwertes oder ihres Wohlgeschmacks durch ausströmenden Dampf verlustig zu gehen.
[...]
Fertige, gut funktionierende Kochkisten liefert jedes Haushaltungsgeschäft. Wer jedoch Lust und Zeit hat, kann sie auch unschwer auf folgende Weise selbst herstellen. Die Kiste, welche 60 Zentimeter lang, 40 Zentimeter breit und 30 Zentimeter tief sein soll und dabei keine Risse und Fugen haben darf, braucht einen genau passenden, etwas übergreifenden Deckel, welcher verschließbar sein oder wenigstens eine Schlempe haben sollte; auch kann ihr ein passender Anstrich mit Ölfarbe gegeben werden. Jede gut schließende Kiste von ähnlicher Größe eignet sich ebenso dazu. Als Füllmaterial kann getrocknetes Moos oder Heu dienen, das Idealste ist jedoch Holzwolle. Mit diesem Material macht man auf dem Boden der Kiste eine 5 Zentimeter hohe Polsterung. Nun werden in die Kiste zwei flache Email-, Eisen-, Nickel- oder Aluminiumtöpfe (Tongeschirre eignen sich weniger) mit knappschließendem oder noch besser einsitzendem Deckel, die Handhaben zum Umklappen, eingesetzt, wobei gleicher Abstand der Töpfe unter sich, sowie von den Kistenwänden zu beachten ist. Der noch vorhandene Zwischenraum wird nun ebenso fest und gleichmäßig bis an den Rand der Töpfe zugestopft. Jetzt nimmt man die Töpfe wieder heraus und überzieht die Oberflächen der Füllung nicht allein der Dauerhaftigkeit, sondern auch der Reinlichkeit halber mit Leinwand. Über den Töpfen selbst muss noch ein gut vollgestopftes, 6-7 Zentimeter dickes Kissen (selbstverständlich etwas länger und breiter wie das Holzmaß) gut eingedrückt werden, ehe der Deckel verschlossen wird. Eine nach dieser Anweisung hergestellte Kochkiste genügt, wenn die Töpfe 3-5 Liter fassen, einem Haushalt von etwa sechs Personen.
In einer modern eingerichteten Küche sollte die Kochkiste als gleichberechtigt neben den anderen Geräten ihren wohlverdienten Platz finden. Ihre allgemeine Einführung ist vor allen Dingen den Frauenvereinen zu verdanken. Dieser Selbstkochapparat scheint mir von einer Bedeutung zu sein für alle Kreise, in welchen mit der Zeit gerechnet und Brennmaterial gespart werden soll."
Bilder zum Bau einer Kochkiste gibt es hier zu sehen:
www.marie-goslich.de/gallerie/wiki_kochkiste/index.htm
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reply by walter3 |
29.09.2008 12:20
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grandiose wiederentdeckung in zeiten, wo gas und öl unleistbar wird, die prekäre lebenssituation prächtig gedeiht und man trotzdem essen muß. werde die kochkist unbedingt ausprobieren. sie läßt sich sicher auch noch für viele weitere gerichte bestens anwenden.
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